Dienstag, 26. September 2023

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Montag, 21 August 2017
Mykotoxine

Die Produktion, Verarbeitung, Verpackung und Verteilung von Gewürzen ist ein sehr komplexer Prozess. Der Zeitaufwand ist erheblich und kann eine Vielzahl von Stufen und betrieblichen Einrichtungen betreffen. Die Produkte müssen geerntet, gereinigt (Entfernung von Fremdkörpern), zerkleinert, getrocknet und zum Teil auch gemahlen werden. Einige Gewürze werden darüber hinaus zur Verminderung einer mikrobiellen Kontamination behandelt. Da die gleichen Gewürze auch für unterschiedliche Zwecke zubereitet werden, kann die gesamte Herstellungs- und Verarbeitungskette sehr lang und komplex sein.

Der Praxiskodex verfolgt das Ziel, durch entsprechende Praktiken die Konzentrationen an Mykotoxinen in Gewürzen so niedrig wie möglich zu halten und die Exposition des Verbrauchers durch entsprechende vorbeugende Maßnahmen zu minimieren. Die zu treffenden Maßnahmen bestehen aus einer Kombination der Praxis (Good Agricultural Practice – GAP), der Guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice – GMP) und der Guten Lagerungspraxis (Good Storage Practice – GSP).

Als Gewürze werden die getrockneten Komponenten bzw. Mischungen getrockneter Pflanzen definiert, die in Lebensmitteln zur Aromatisierung, Färbung und Aromaverbesserung eingesetzt werden. Die Definition schließt auch Gewürze in ganzer, gebrochener, gemahlener oder gemischter Form ein.

Die wichtigsten Inhalte und  Anforderungen

Wichtige Aussagen zur GAP, GMP und GSP lassen sich aus dem vorliegenden Text wie folgt zusammenfassen bzw. ableiten:

  • Gewürze weisen bereits im landwirtschaftlichen Bereich eine besondere Empfindlichkeit gegenüber einer Kontamination durch Toxin bildende Pilze auf. Durch entsprechende landwirtschaftliche Maßnahmen muss der Carry-over (Übergang) von Pilzen auf die Gewürzpflanzen minimiert werden (beispielsweise durch angemessenen Fruchtwechsel, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, Bewässerung und Maßnahmen des Pflanzenschutzes).
  • Durch angemessenen Einsatz von Insektiziden („Prudent Use“) können Schädigungen der Früchte vermieden werden, sodass Toxin bildende Pilze geringerer Eindringchancen in die Früchte haben.
  • Der Einsatz von Fungiziden kann eine sehr wirksame Vorbeugepraxis sein. Der Einsatz muss allerdings mit Vorsicht erfolgen, damit es nicht zu einer Selektion bzw. Stimulation Toxin bildender Pilze kommt.
  • Geschädigte und erkrankte Pflanzen oder Teile der Pflanzen müssen sorgfältig entfernt werden.
  • Früchte und sonstige Gewürzkomponenten, die auf den Boden gefallen sind, sollen entweder entfernt oder – alternativ – sorgfältig gewaschen, gereinigt, getrocknet und in Hinblick auf eine mögliche Kontamination überprüft werden. Bei der Sammlung der Gewürze sollte der Boden unter den jeweiligen Pflanzen mit einer Plastikplane abgedeckt werden. Die Ernte der Gewürze soll „differenziert“, d. h. in Abhängigkeit vom jeweiligen Reifegrad, erfolgen.
  • Das Trocknen der geernteten Produkte muss sofort beginnen und während des Trocknungsprozesses muss ein sorgfältiges Abdecken (Schutz vor Regen) erfolgen.
  • Die Verarbeitung des geernteten Materials soll so schnell wie möglich erfolgen und die Trocknung möglichst bereits am Erntetag beginnen. Die getrockneten Produkte sollen nicht in Plastikbehältern verpackt werden, sondern beispielsweise in porösen Säcken aus Jute.
  • Die Bekämpfung von Insekten und Nagern ist unerlässlich, um die Verbreitung von Kontaminanten und den Verderb der Produkte zu verhindern. Beim Einsatz von Desinfektionsmitteln ist darauf zu achten, dass keine Qualitätsbeeinträchtigung (Sensorik!) erfolgt. Die bevorzugte Lagertemperatur liegt zwischen 5 und 8 °C, die relative Luftfeuchtigkeit sollte unterhalb 75 % betragen.
  • Der Zeitraum zwischen Ernte und Trocknung sollte so kurz wie möglich sein und das Trocknen auf einem glatten und möglichst eingezäunten und erhöhten Betonboden erfolgen (das Trocknen auf Plastikplanen wird nicht empfohlen).
  • Das Trocknen kann in der Sonne unter Bedingungen erfolgen, die im Entwurf des Praxiskodex näher beschrieben sind. Ein „kontrolliertes Trocknungssystem“ sorgt für eine bessere Qualität der Gewürze, reduziert eine mögliche Pilzkontamination und damit das Risiko der Mykotoxin-Bildung.
  • Als Trocknungsverfahren werden Solartrocknung in Tunneln mit Luftzirkulation, Heißlufttrocknung mit Einsatz von Wärmeaustauschern oder die Trocknung mithilfe von Solarwärmeaustauschern mit Erzeugung von Warmluft durch Sonneneinstrahlung genannt. Die optimale Trocknungstemperatur beträgt 50 bis 60 °C und die relative Luftfeuchtigkeit in den Trocknungskammern sollte auf 12 bis 14 % reduziert werden. In Hinblick auf die Rauchtrocknung wird auf den Praxiskodex zur Reduktion einer Kontamination von Lebensmitteln mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) verwiesen (CAC/RCP 68-2009). Hinsichtlich des Trocknens von Gewürzpflanzen ist der Praxis-Hygienekodex CAC/RCP 75-2015 mit dem Anhang über Gewürze und getrocknete aromatische Kräuter zu beachten.
  • Nach der Trocknung, dem Reinigen und gegebenenfalls Sortieren muss eine angemessene Lagerung der Gewürze erfolgen und insbesondere der Kontakt mit Wasser oder Feuchtigkeit vermieden bzw. minimiert werden. Sofern Fungizide eingesetzt werden, sind anerkannte bzw. zugelassene Chemikalien zu verwenden wie Natriumbisulfit, Ozon oder Säuren bzw. Basen, die das Pilzwachstum kontrollieren können und eine Biosynthese der Mykotoxine unterbinden.
  • Da getrocknete Gewürze wasseranziehend („hygroskopisch“) sind, sollten Verpackungstechnologien eingesetzt werden, die eine gute Barriere bilden. Eine Verpackung unter Vakuum oder in modifizierter Atmosphäre in Verbindung mit geeignetem Verpackungsmaterial ist eine besonders empfehlenswerte Option.
  • Die Kennzeichnung und sonstige Informationen für die Verbraucher müssen das Mindesthaltbarkeitsdatum beinhalten, das wiederum auf angemessenen Studien beruhen soll. Dabei sind die Art der Verpackung, möglicherweise ungünstige Bedingungen in der Herstellungs- und Verarbeitungskette und andere Faktoren zu berücksichtigen.
  • Der Hersteller soll spezifische Lagerungshinweise geben, beispielsweise zur Lagerung unter kühlen, trockenen und gut belüfteten Bedingungen und entfernt von Wärmequellen oder Bereichen mit hoher Feuchtigkeit. Darüber hinaus sind gegebenenfalls Hinweise an den Verbraucher erforderlich, um das Risiko einer Mykotoxin-Kontamination weiter zu minimieren. Hierzu gehören das Vermeiden eines Kontakts mit feuchten Utensilien oder hölzernen Löffeln, ein dichter Verschluss der Behältnisse nach dem Gebrauch, das Vermeiden einer übermäßigen Vorratshaltung und regelmäßige Überprüfung des Haltbarkeitsdatums.

QUELLEN:
► Codex Alimentarius: www.fao.org/fao-who-codexalimentarius (Suche: CL 2017/28-CF und CX/CF 17/11/1)
► Codex Alimentarius Commission (Procedural Manual, Twenty-fifth Edition, 2016):
ftp://ftp.fao.org/codex/Publications/ProcManuals/Manual_25e.pdf
► CAC/RCP 75-2015 (Code of Hygienic Practice for Low-Moisture Foods)
► CAC/RCP 68-2009 (Code of Practice for the Reduction of Contamination of
► Food with Polycyclic Aromatic Hydrocarbons (PAH) from Smoking and Direct Drying)

► Auszug aus Food & Hygiene PRAXIS, Ausgabe 02/2017, S. 9 ff., Behr's Verlag, Behr's Verlag

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