Medikamente, Krankheiten und Lebensstil verändern Darmmikrobiota

Den beiden größten Kohortenstudien zur genetischen Analyse der Darmmikrobiota zufolge reagiert die menschliche Darmmikrobiota möglicherweise recht empfindlich auf Krankheiten, Lebensstil und Medikamente. Das Vlaams Instituut voor Biotechnologie hat in den letzten Jahren Stuhlproben von 1.106 Einwohnern in Flandern untersucht. Auch die Dutch LifeLines-DEEP Studie hat 1.135 Stuhlproben genetisch analysiert. Im Vlaams Darmflora Project veränderten insbesondere Medikamente die Darmmikrobiota ‒ darunter waren aber nicht nur Antibiotika.
Laut eines Forscherteams um Jeroen Raes (Katholieke Universiteit (Leuven)) haben auch osmotische Laxanzien, antientzündliche Wirkstoffe zur Behandlung von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa einen Einfluss ‒ zudem weibliche Hormone (z. B. orale Kontrazeptiva), Antidepressiva, Antihistaminika und Benzodiazepine. Nach Angaben eines Forscherteams um Cisca Wijmenga (University of Groningen) veränderten in der Dutch LifeLines-DEEP Studie auch Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) und Metformin die Darmflora ‒ darüber hinaus Statine und Beta-Blocker. Auch Krankheiten (z. B. Colitis ulcerosa, Gastroenteritiden) beeinflussen die Darmmikrobiota. In der Dutch LifeLines-DEEP Studie wirkten sich zudem frühere Herzinfarkte oder Depressionen auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota aus. In beiden Kohorten bestand eine Korrelation zum Hämoglobin-Wert. Darüber hinaus war die Häufigkeit der Stuhlentleerungen ein Faktor. Eine lange Transitzeit begünstigt möglicherweise die Vermehrung einiger Bakterien.
HINTERGRUND:
In der Dutch LifeLines-DEEP Studie und im Vlaams Darmmikrobiota Project war ein deutlicher Einfluss der aktuellen Ernährungsgewohnheiten erkennbar, wobei die Zufuhr von Kohlenhydraten und darunter der in Pflanzenfasern enthaltene Anteil von entscheidender Bedeutung ist ‒ sie stellen für den menschlichen Darm lediglich „Ballaststoffe“ dar, sind für einige Bakterien allerdings ein lebensnotwendiger Energielieferant.
QUELLEN:
► Science (2016; 352: 560-564 und 565-569)
► Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20.05.2016